Gemeinde des Herrn Jesus Christus, Schwestern und Brüder,

lassen Sie uns einmal die Frage durchspielen: was wäre wenn

Was wäre wenn – die drei Frauen frühmorgens am Sonntag zum Grab Jesu gekommen wären und der Stein hätte davorgelegen – wie erwartet.

Was wäre wenn – die zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus Jesus nicht begegnet werden – wie erwartet.

Was wäre wenn – die Apostel zusammengekauert in ihrem Haus gehockt hätten, und Jesus wäre nicht in ihre Mitte getreten – wie erwartet.

Ja – was wäre wenn?

Wir würden uns nicht auf die Osterfeier vorbereiten, denn eine Osterfeier würde es nicht geben.
Wir würden uns nicht als Gemeinde zum festlichen Ostergottesdienst versammeln, denn unsere Gemeinde würde es nicht geben.
Wir würden nicht im Schein der Osterkerze das feierliche „Frohlocket nun ihr Engel und himmlischen Heere“ anstimmen , würden nicht die herrlichen Choräle der Osternacht singen, denn sie wären nie geschrieben worden.
Wir würden nicht nach Ende des Gottesdienstes am Osterfeuer anstoßen,  kein _Osterfrühstück  mit gefärbten Eiern, Schokohasen, Osterzopf und anderen Köstlichkeiten, – denn es gäbedas Fest nicht.

Unsere Orte sähen ganz anders aus – denn natürlich wären die Rüdenhäuser Pfarrkirche „St. Peter und Paul“, wäre die Wiesentheider Gnadenkirche, wäre auch St. Mauritius nie gebaut worden …
Unsere Kultur, die ihre schönsten Werke dem christlichen Glauben verdankt: in Malerei, Musik, Architektur, Literatur, Philosophie usw., wäre von völlig anderer Art.
Unsere Friedhöfe wären keine Orte der Hoffnung, sondern der Hoffnungslosigkeit.
Unser persönliches Leben, die Geschichte unseres Landes und der Welt, alles wäre nicht so verlaufen.

Wenn wir durch die Natur wanderten, sähen wir keinen Bildstock und kein Gipfelkreuz, es grüßte uns aus der Ferne kein majestätischer oder verspielter Kirchturm;  unser Ohr und Herz könnte sich nicht an Bachs unvergänglicher Kantate „Herz und Mund und Tat und Leben“ erfreuen; wir könnten nicht Stille und Seelenruhe in einem ehrwürdigen Kreuzgang finden; das Vorbild eines Martin Luther, einer Sophie Scholl, eines Dietrich Bonhoeffer oder einer Mutter Theresa würde uns nicht anregen, unsere engen Grenzen des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung zu überschreiten. 
  
Wir lebten in einer Welt ohne die gewaltigen Errungenschaften des Abendlandes, die nur auf dem fruchtbaren Feld des Christentums gedeihen konnten: der Demokratie, der Menschenrechte, des Sozialstaats …

Schwestern und Brüder,

was wäre, wenn Jesus nicht auferstanden wäre?
Kurz gesagt: Diese Welt wäre eine ganz andere!
Und dennoch sagen viele: „Jesus ist nicht auferstanden“!

Ich frage mich: Laufen sie mit geschlossenen Augen und tauben Ohren durch diese Welt? Mit verhärtetem Herzen und verstocktem Verstand? Dass sie die Zeichen der Auferstehung nicht sehen, nicht fühlen, nicht schmecken, nicht hören, nicht er- und begreifen …, dass sie sie nicht erkennen mit Herz und Hirn und allen Sinnen?

Petrus wurde mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, weil er unerschrocken bezeugte, was er mit eigenen Augen gesehen hatte: Jesus ist auferstanden! Stephanus ließ sich steinigen,
Jakobus sich den Schädel spalten,
Thomas sich mit einem Lanzenstoß töten,
Paulus sich enthaupten …, weil sie nicht widerriefen: Ich habe den lebendigen Herrn Christus gesehen.

Aber es gibt Menschen, die sagen: „Die Jünger haben gelogen!“
Hunderte Zeugen haben Jesus nach seiner Auferstehung gesehen, er hat vor ihnen gegessen und getrunken, er hat zu ihnen gesprochen … aber es gibt Menschen, die sagen: „Die Zeugen haben sich getäuscht!“

Professionelle Henker haben Jesus hingerichtet, ein Soldat hat ihm nach Todeseintritt die Lanze in die Brust gestoßen … aber es gibt Menschen, die sagen: „Jesus war gar nicht wirklich tot, sondern nur scheintot! Er ist nicht auferstanden, sondern nur von seinen Verletzungen genesen!“

Keine Behauptung ist zu weit hergeholt, kein Argument zu abwegig, um den Kern des christlichen Glaubens anzugreifen. Warum auch? Haben doch schon die römischen Wachen am Grab Jesu behauptet: „Die Jünger haben seinen Leichnam gestohlen, als wir schliefen“. Unsere Gegner wissen sehr wohl, dass unser Glaube mit Ostern steht und fällt – und deshalb versuchen sie alles, um uns einzureden: Jesus ist nicht auferstanden.

Diese Menschen leben in einer christlich-geprägten Kultur, sie nehmen alle Errungenschaften dieser Kultur in Anspruch: die Demokratie, die Menschenrechte, den Sozialstaat, die Bildungsmöglichkeiten, die Meinungs- und Gewissensfreiheit, die Toleranz – und speien doch Gift und Galle gegen die Grundlage dieser Kultur.

Aber, Schwestern und Brüder, es wird ihnen nicht gelingen, unser Fundament zu untergraben: Denn Christus ist WIRKLICH auferstanden und den Frauen am Grab erschienen, den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus, den Aposteln in ihrem verriegelten und verrammelten Haus.

Christus ist wirklich auferstanden und darum sind die Zeugen der Auferstehung mit dieser Botschaft in die ganze damals bekannte Welt gezogen: Paulus nach Syrien, Kleinasien,  Griechenland und Italien, Thomas, der erst Beweise für die Auserstehung forderte, bis nach Indien, Petrus nach Rom. Sie alle sind für ihren Glauben gestorben, sie alle haben den Tod gering geachtet! Sie waren überzeugt: „Jesus lebt, mit ihm auch ich. Tod, wo sind nun deine Schrecken.“

Christus ist wirklich auferstanden und darum haben zahllose Generationen unser Land christlich durchdrungen: Haben unter größten Opfer den Glauben verbreitet, Kirchen, Klöster, Schulen, Hochschulen, Hospitäler, gebaut. Einzigartige Werke der Kunst wurden von ihnen geschaffen: den Aachener Dom, Grünewalds Isenheimer Altar, Luthers Bibelübersetzung, Paul Gerhardts „Auf, auf, mein Herz mit Freuden“, Händels „Messias“, …

Christus ist wirklich auferstanden und darum haben Unzählige ihr Leben seiner Liebe verschrieben: Haben sich bei der Pflege Todkranker selbst den Tod geholt; haben in Gefängnissen und Arbeitslagern Trost gespendet; haben Hungernden ihr letztes Stück Brot geschenkt; haben Sklaven freigekauft, indem sie selbst an ihre Stelle getreten sind; haben sich verfolgen, beschimpfen, töten lassen, …

Christus ist wirklich auferstanden und darum haben Martin Luther und Sophie Scholl, Dietrich Bonhoeffer und Mutter Theresa … und wie sie alle heißen mögen, die mit dem Glauben Ernst gemacht haben, uns herrliche Beispiele gelebten Christseins hinterlassen ….

Christus ist wirklich auferstanden und darum hat seine Botschaft der Versöhnung, der Nächstenliebe und der unverlierbaren Würde des Menschen die Gesetze Europas geprägt, das Sozialsystem hervorgebracht, die Demokratie entstehen lassen, die Menschenrechte befördert, …  

Christus ist wirklich auferstanden – und unsere Toten werden auferstehen – und auch MEIN und DEIN Grab werden leer sein …

Christus ist wirklich auferstanden und darum feiern wir Ostern mit Eiern, Schokohasen Osterzopf und anderen Köstlichkeiten, mit kleinen Geschenken und großer Freude, mit unserer Familie und unserer Gemeinde, hier in der Kirche und daheim …

Christus ist wirklich auferstanden – wer klare Augen, gute Ohren, wache Sinne, ein offenes Herz und einen unvoreingenommen Verstand hat, der erkennt es auch!

Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Halleluja!

Ihnen allen eine frohe und gesegnete Osterzeit,

Ihr Pfarrer Martin Fromm