Machen wir in Gedanken einen Sommerbummel durch eine Großstadt unserer Tage: An der Tür zum Einkaufszentrum halten Zeugen Jehovas den „Wachtturm“ hoch, gegenüber tanzen Krischna-Jünger  zu Trommelschlag, auf angemieteten Werbeflächen wettert das Universelle Leben gegen das Fleischessen und die Jagd, das Lectorium Rosicrucianum bietet auf weiß-goldenen Plakat seine angeblich uralten Weisheitslehren an … Und natürlich kommt man auch an den unzähligen Kirchen der verschiedensten christlichen Konfessionen vorbei, an Moscheen, Tempeln, Lehrhäusern und vielleicht sogar an einer Synagoge  vorbei …

 

Genauso müssen wir uns die Situation im antiken Athen vorstellen. Überall stehen sie noch, die großen, alten Tempel der Götter des Olymp, des Zeus, der Hera, des Ares, der Venus. Aber längst ist den Menschen Zweifel an den alten Göttern gekommen, die so menschlich sind und doch den Menschen so fern. So entstehen neben den alten Opferstätten die neuen Andachtsorte für Kulte, die in Ägypten oder im Vorderen Orient zu Hause sind: Isis findet ihre Anhänger, ebenso wie Mithras oder Kybele … und in unmittelbarer Nähe befinden sich die alten Zentren der athenischen Philosophie: Die platonische Akademie, der Peripatos des Aristoteles, die Schulen der Stoiker, der Epikureer, die umherziehenden Kyniker.

 

Ja, Athen ist ein riesiger Marktplatz der Religionen und Weltanschauungen – jeder bietet seine Ansichten, Meinungen und Überzeugungen feil. Und in diese Stadt kommt Paulus, um für Christus zu werben. Er durchwandert sie und sein Geist ergrimmt über diesem wilden Durcheinander der Kulte und Götzenbilder.

 

Aber dann sieht er etwas, was ihn tief berührt, er sieht einen Altar mit der Aufschrift „agnoostoo theoo“, dem „unbekannten Gott“. Und da erkennt Paulus, was sich hinter der Fülle der Altäre, Götterbilder, Tempel und Andachtsstätten verbirgt: nämlich eine tiefe Sehnsucht der Menschen nach Gott.

Als Paulus dann auf dem Areopag zur Volksmenge redet, da spricht er sie auf diese Sehnsucht an: „Ihr Männer von Athen, ich sehe dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Denn ich fand auch einen Altar, auf dem geschrieben stand: „Dem unbekannten Gott.““

 

Wie viel echte religiöse Sehnsucht lebt auch heute in unserer Gesellschaft? Wie viel echte religiöse Sehnsucht steht hinter so vielen Wegen und Abwegen und Umwegen? Wie viel echte religiöse Sehnsucht führt Menschen in totalitäre Sekten in der Hoffnung auf klare Führung? Wie viel echte Sehnsucht lässt Menschen nach Indien aufbrechen, oder sie den fernen Osten in unser Land holen, damit sie sich niederwerfen können vor einem langbärtigen Guru? Wie viel echte Sehnsucht lebt sogar noch im kruden Aberglauben der Esoterik und der verheißenen Fühlungnahme zu den höheren Welten?

 

Aber – der Mensch in seiner Sehnsucht, der Mensch, der sehnend sucht, er kann von sich aus nicht finden. Heute nicht und damals nicht!  

Wir, die wir mitten in der Schöpfung des Herrn leben, aus seiner Hand Leben und Tod, Krankheit und Gesundheit, Nahrung und Hilfe empfangen, tasten – wenn es um die Erkenntnis Gottes geht – umher wie die Blinden. Wir greifen in die Luft, haschen nach Wind, kommen der Wahrheit nicht näher, sondern entfernen uns nur immer weiter. Ja, wir ahnen, dass es etwas gibt, das größer ist als wir, ja, wir spüren in unseren Herzen den Drang, unseren Schmerz und unsere Freude in den uns umgebenden Nebel zu schreien, die Hand zu küssen, die uns Nahrung und Liebe schenkt – und doch bleibt unsere Sehnsucht nur Sehnsucht.

Schafft sich im schlimmsten Fall selbst die Götzen, die sie anbetet, erhebt die eigenen Wünsche in den Himmel, baut den Träumen Tempel, verehrt die eigene Macht und Energie oder erniedrigt sich vor den vermeintlichen Schicksalsgewalten. Füllt die Leere aus mit Religionen und Kulten und Übungen und Erfahrungen.

 

Aber der wahre Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, der Israel in die Freiheit geführt hat, der in Christus in diese Welt gekommen ist, der im Heiligen Geist in uns wohnt, dieser dreieinige Gott, er ist der menschlichen Sehnsucht unbekannt, er ist der „unbekannte Gott“.

 

Diesen Gott fanden die Athener nicht auf ihrem religiösen Markt der Möglichkeiten, nicht bei Homer, aber auch nicht bei Plato, nicht auf den großen Opferfesten und nicht in den Weihehandlungen der östlichen Kulte.

 

Diesen Gott finden wir Heutigen nicht auf Tanz- und Trommelworkshops oder Meditationskursen, nicht beim Motivationscoach oder beim Guru, nicht in der abgeschotteten Welt der Sekten oder der offenen des esoterischen Supermarkts.

 

Nein, das alles ist Ausdruck menschlicher Sehnsucht – aber gestillt werden kann diese Sehnsucht nur durch den einen, wahren Gott, den Herrn über Himmel und Erde. Und an diesen Gott kommen wir nur heran, weil er sich offenbart, genauer, nicht wir kommen an ihn heran, sondern er kommt zu uns, indem er sich uns offenbart. Er kommt zu uns in Jesus Christus, er geht ein in diese Welt, er wird Fleisch, er wird Mensch, er lebt, er leidet, er stirbt auf, an und für diese Welt – und er ersteht vom Tode um die Seinen zum Leben zu führen.

 

Diesen „unbekannten Gott“ bezeugte Paulus damals den Athenern. Aber – obwohl sie voll religiöser Sehnsucht waren, verlachten sie die Offenbarung, als sie ihnen gebracht wurde! Zu fremd schien dieser „unbekannte Gott“ zu sein! So verrückt es klingt: Der unbekannte Gott soll eben doch wieder den Bildern entsprechen, die Menschen für die bekannten Götter geschaffen haben, auch wenn sie nur Produkt ihrer Sehnsucht, ihrer Phantasie, ihrer Lebensangst oder ihrer Bewunderung für das Starke sind. Der Gott, den Paulus verkündete, war zu unbekannt, um den Athenern als ihr „unbekannter Gott“ einzuleuchten!

 

Ja, Athen war schon damals eine ungeheuer moderne Metropole – und unsere Metropolen tragen den Geist von Athen in sich und viele unserer Zeitgenossen sind „Athener“.  Sie irren in ihrer religiösen Sehnsucht hin- und her, die suchen und laufen, die flehen und betteln, sie analysieren heute ihr Karma und lassen morgen ihre Aura lesen und doch bleibt ihnen – inmitten einer christlich geprägten Kultur und umgeben von Kirchen – Jesus Christus der „unbekannte Gott“.    

 

Dabei brauchen wir, um zu Jesus Christus zu kommen, nur wenig, viel weniger als für alle alten oder neuen Kulte, Mysterien, östlichen oder westlichen Religionen, abergläubischen Systeme, für allen heiligen Schein und alle Scheinheiligkeit – wir brauchen nur ein offenes Herz für seine Offenbarung.

Wir brauchen nur die Bereitschaft, sein Wort zu hören und aufzunehmen.

Wir brauchen nur den Mut, uns in seine am Kreuz für uns weit ausgebreiteten Arme zu werfen.

Wir brauchen nur die Sehnsucht, die sich nicht damit abfindet, selbst gemachte Götzen anzubeten, sondern sich nach dem ausstreckt, der ihr entgegenkommt.

Wir brauchen nur das Vertrauen, dass er es besser mit uns meint, als wir es selbst je meinen könnten.

Wir brauchen nur die Liebe, die erkennt, dass sie von seinem Feuer entzündet ist.

Und das alles müssen wir nicht von uns aus mitbringen: Er wirkt es in uns durch den Heiligen Geist!

Anders werden wir nicht zu Christen. Aber nur so werden wir es. Er kommt zu uns und stillt unsere Sehnsucht, bringt unser Herz zur Ruhe und schenkt uns Stille nach der Rastlosigkeit.

 

Er ist der „unbekannte Gott“, der so hoffe ich, DIR wohlbekannt ist! Wenn er das noch nicht ist, dann lerne ihn kennen – gleich! ER offenbart sich DIR in DEINER Bibel!