Wochenspruch:
Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele. (Mt 20,28)

Tageslosung:
Wenn mein Geist in Ängsten ist, so kennst du doch meinen Pfad. Psalm 142,4

Lehrtext:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis.
2.Korinther 1,3-4

Predigttext
Hebräerbrief 13,12-14:
Die Leiber der Tiere, deren Blut durch den Hohenpriester als Sündopfer in das Heilige getragen wird, werden außerhalb des Lagers verbrannt. Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. … Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.“ (Lk 2,1-4). Jesus wird an einem Ort geboren, der mit der fernen Geschichte seiner Familie verbunden ist, zu dem seine Mutter Maria und ihr Mann Joseph aber keinerlei Beziehung haben: Bethlehem. So müssen sie sich in der Fremde auf Herbergssuche begeben – und landen schließlich in einem Stall, wo „Christus, der Herr“ geboren wird. Wohl jeder Christ auf der ganzen Welt (und unzählige Nichtchristen dazu) kennt die Weihnachtsgeschichte – selbst die ‚Kleinen in den Gemeinden‘ haben oft schon als Engelchen oder Schaf an ihrer Aufführung am Heiligen Abend mitgewirkt. Kurze Zeit nach Jesu Geburt finden wir die heilige Familie in Ägypten, wohin sie vor den Mordplänen des Despoten Herodes flieht (Mt 2,13-23). Nach ihrer Heimkehr wächst Jesus in Nazareth auf, aber eine „bleibende Stadt“ ist dieser Ort im galiläischen Bergland keineswegs für ihn. Sein Leben, das vom Zeitpunkt seiner Geburt an ein Wanderleben ist, wird sogar noch unsteter: Als junger Mann zieht ihn der gewaltige Prediger Johannes zur Taufe an den Jordan (Mt 13-17), der Geist führt ihn anschließend zur Bewährung in die Wüste (Mt 4,1). Jesus lässt Nazareth endgültig hinter sich, macht sich kurze Zeit in Kapernaum ansässig (Mt 4,13). Am See Genezareth beruft er seine ersten Jünger (Mt 4,18-22). Und dann geht es – besser ER – erst wirklich los: „Jesus zog umher in ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk.“ (Mt 4,23) Die Fülle der Orte, die Jesus durchzieht, können wir nicht rekonstruieren. In den Evangelien sind seine Wirkungsstätten nur dann aufgeführt, wenn Jesus hier Wunder getan, Streitgespräche geführt oder wichtige Reden gehalten hat: das Dorf Kana, ein Berg am See Genezareth, Gerasa, das Gebiet von Tyrus und Sidon, die Gegend der Dekapolis, Caesarea Philippi, Samaria, Jericho und natürlich immer wieder die Orte am See, Kapernaum, Chorazin und Betsaida (vgl. Lk 10,13-15) sind bekannte Schauplätze. Jesus bleibt in keiner Stadt – immer wieder treibt es ihn weiter: „Lasst uns anderswohin gehen, in die nächsten Städte, dass ich auch dort predige …“ (Mk 1,38) Jesus führt das Leben eines Heimat- und Obdachlosen im Dienst seiner Sendung: „Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.“ (Lk 9,57) Bald schon ist er unterwegs zu der Stadt, in der sich sein Schicksal erfüllen wird: „Heute und morgen und am folgenden Tage muss ich noch wandern; denn es geht nicht an, dass ein Prophet umkomme außerhalb von Jerusalem.“ (Lk 13,33) In der heiligen Stadt, so sagt er seinen Jüngern voraus, wird geschehen, was Gott vor Jahrhunderten durch den Mund seiner Boten geredet hat: „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn. Denn er wird überantwortet werden den Heiden, und er wird verspottet und misshandelt und angespien werden, und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen.“ (18,31-33) Schon in der Ankündigung seines Leidens und Sterbens spricht Jesus aus, dass auch das Grab in Jerusalem keine Stätte sein wird, die ihn halten kann: Er wird auferstehen. Am Ostermorgen kommen die Frauen zum Grab und erhalten dort aus Engelmund die Botschaft: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ (Lk 24,5-6) Der Auferstandene erscheint seinen Jüngern über den Zeitraum von vierzig Tagen (Apg 1,3), aber er hat keine bleibende Stadt auf Erden: Er wird in den Himmel aufgenommen. Er – der vor der Menschwerdung seit Ewigkeit bei Gott dem Vater war (Joh 1,18) – kehrt zu ihm zurück.

Die Jünger tragen das Evangelium von Jesus, dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn, weiter, von Jerusalem, nach Judäa und Samarien und bis an die Enden der Erde. (Apg 1,8) Alle Völker sollen durch ihre Verkündigung und durch die Taufe zu Jüngern dessen werden, dem „alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist.“ In Wort und Sakrament ist Jesus selbst gegenwärtig, er geht mit seinen Jüngern mit, ja, er selbst ist durch sie am Werk: „Sie aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen.“ (Mk 16,20)

Und wenn er auch im Himmel ist – selbst der Himmel ist für Jesus keine ewige Stadt: Die Engel, die nach seiner Himmelfahrt den Jüngern erscheinen, verkünden ihnen: „Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen.“ (Apg 1,11) Wenn Jesus wieder kommt, wird er all den Seinen die Tore der heiligen Stadt, des neuen Jerusalems auftun. Dann wird es heißen: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. (Offb 21,3-4)

Das Neue Testament ist – so gelesen – ein einziger gewaltiger Reisebericht, ein Reisebericht Gottes zum Menschen. Und es will zugleich Menschen ermutigen, mit Jesus auf die Reise zu gehen, die zu Gott führt. „Folgt mir nach“, ruft Jesus uns zu!

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Martin Fromm, 28.03.2020