Gemeinde des Herrn Jesus Christus, Schwestern und Brüder,

vor Weihnachten steht die Welt Kopf. Oft schon Monate im voraus. Einmal las ich in der Zeitung, dass in Kanada ein großes Handelsunternehmen mit vielen Einkaufsmärkten damit aufgehört hat, den ganzen Tag Weihnachtslieder zu spielen – die Kunden hatten sich beschwert. Sie wollten einfach kein „Jingle-Bells“ und kein „I am dreaming of a white christmas“ mehr hören. Denn die Weihnachtsmusik, die lief schon im Oktober! Im Oktober – nicht im Advent!

Und wenn der Weihnachtstermin dann wirklich nahe herbei kommt, dann wird vorbereitet, was das Zeug hält: Gekocht, so dass man in den drei Tagen des Weihnachtsfestes mehr essen kann, als in den 361 anderen Tagen des Jahres: Würstchen mit Kartoffelsalat, Gans mit Rotkraut und Klößen, Schweinsbraten, Karpfen in Bierteig mit Salzkartoffeln und Salat … Und Plätzchen stehen in Schalen umher, wohin das Auge sieht, und Lebkuchen und Stollen und Schokolade, man weiß gar nicht, wohin mit dem allen. Und mancher betet da vielleicht: „Lieber Gott, gib mir einen zweiten Magen, ich geb dir meinen Bauch dafür.“ 

Viele treten sich seit Wochen in den Geschäften gegenseitig auf die Füße, bis alles voll gestapelt ist mit Geschenken – und dafür das Bankkonto leer geräumt.

Und natürlich hoffen alle auf ein friedliches, fröhliches, besinnliches, schönes Fest.

Ja, so ist Weihnachten – oft und bei vielen.

Aber – halt. War da nicht noch mehr? Außer der heißen Schlacht am kalten Büffet, außer den mehr oder weniger passenden Geschenken für Menschen, die eigentlich schon alles haben, außer dem – hoffentlich – friedlichen, fröhlichen, besinnlichen, schönen Fest.

Ja, da ist DER, um den es eigentlich geht: Jesus Christus. Dessen Geburt wir feiern, weil sie etwas ganz Besonderes ist. Denn der, der damals in Bethlehem geboren wurde, ist ein ganz Besonderer: Gottes Sohn. Er wird Mensch, er wird einer von uns. Der gewaltige Gott macht sich ganz klein, damit wir kleinen Menschen IHN erkennen, IHN finden, an IHN glauben können.

Martin Luther erzählte dazu eine Geschichte: „Es war einmal ein frommer Mann. Der wollte schon in diesem Leben in den Himmel kommen. Darum tat immer nur Gutes. So stieg er auf der Leiter der Vollkommenheit immer höher empor – bis er eines Tages mit seinem Kopf in den Himmel hinein ragte. Aber er wurde sehr enttäuscht: Der Himmel war dunkel, leer und kalt. Gott lag auf der Erde in einer Krippe!“

Gott kommt in Jesus dahin, wo wir Menschen sind. Denn er will uns finden. Uns – die wir nach den Weihnachtstagen übersatt sind von der festlichen Schmauserei – und die, die auch in der Heiligen Nacht nichts zu essen haben und nicht einmal ein Dach über dem Kopf.

Gott kommt in Jesus zu denen, die schon am Weihnachtsabend überlegen, wann sie ihre Geschenke im Laden umtauschen gehen – und er kommt zu denen, die nur besitzen, was ihnen mitfühlende Menschen aus den reichen Ländern im Schuhkarton schicken.

Gott kommt in Jesus zu denen, die mit Familie fröhlich feiern und zu denen, bei denen es am Heiligen Abend Tränen gibt. Selbst zu denen, die keine Familie mehr haben, mit der sie sich freuen oder über die sie sich ärgern können.

Und Gott kommt zu den Menschen, bei denen „Frieden auf Erden“ herrscht – und zu den ganz, ganz vielen, bei denen auch am Heiligen Abend die Waffen nicht schweigen.    

Denn Gott will alle für sich. Nein, nicht mit Zwang oder Gewalt, sondern mit Liebe und Vertrauen. 

Übersieh ihn nicht, denn er ist so klein: Ein winziges kleines Menschenkind. Amen.     

Ich wünsche Euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest,

Euer Pfarrer Martin Fromm 

Übersieh beim Weihnachtstrubel den Heiland nicht

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