Drei Gottesdienste der Superlative feierte die evangelisch-lutherische Pfarrei Rüdenhausen-Wiesentheid am vergangenen Wochenende unter der Überschrift: „3 Kontinente – 2 Sprachen – 1 Herr“. Aus der Demokratischen Republik Kongo war der amerikanische Missionar Didi Panzo angereist. Pastor Panzo predigte am Sonnabend in der gut gefüllten Gnadenkirche Wiesentheid über die Tageslesung aus dem Epheserbrief: „Legt an die Waffenrüstung Gottes!“ In dem von Diktatur und Bürgerkrieg, Armut und Gewalt zerrütteten Kongo steht er Tag für Tag im Kampf mit den lebensfeindlichen Mächten und bemüht sich, den Menschen seelsorgerlich und materiell beizustehen, ihnen Hoffnung zu schenken und ihr Vertrauen in die rettende Macht Gottes zu stärken. Pastor Panzo wurde von der Nordamerikanischen Lutherischen Kirche (NALC) entsandt, um Gemeinden zu beraten, wie sie den vielen Opfern von sexuellem Missbrauch und häuslicher Gewalt im Kongo helfen können. Aber seine Arbeit zieht Kreise – und damit auch immer mehr Bedürftige an. Die Ursache der Gewalt in den Familien ist häufig Alkohol- und Drogenabhängigkeit der Erwachsenen. Effektives Engagement gegen die häusliche Gewalt verlangt daher begleitende Suchthilfe, die es aber im Kongo bisher nicht gibt. Die Suchtursache liegt oft in extremer Armut, die besonders zu bekämpfen wäre. Die häusliche Gewalt hat wiederum hat zur Folge, dass viele Kinder von daheim weglaufen, auf der Straße leben oder in einem der völlig unzureichenden Waisenhäuser Aufnahme finden. Inzwischen kommen täglich 15 Kinder aus dem nahegelegenen Waisenhaus zu Pastor Panzo, um bei ihm zu essen. Nicht einmal die ausreichende Ernährung der Kinder kann das Waisenhaus sicherstellen – von ihrer sinnvollen Förderung ganz zu schweigen. Der Gemeinde wurde bewusst: Mag bei uns die biblische Rede von der „Waffenrüstung Gottes“ inzwischen fremd anmuten; im Kongo braucht man den Schild des Glaubens und den Helm des Heils, um in der allgegenwärtigen Not nicht zu verzweifeln, vor der Macht des Bösen nicht zu kapitulieren und angesichts der begrenzten Hilfsmöglichkeiten nicht in Resignation zu verfallen. Trotz des ernsten Themas war der Gottesdienst von tiefer Fröhlichkeit und echter Dankbarkeit geprägt: In der Kirche Jesu gehören wir zusammen, geben das Feuer des Geistes weiter, das in uns brennt und stehen füreinander ein in Gebet und Gaben. Gaben flossen reichlich: Insgesamt wurden mehr als 1.000,- € für die Arbeit von Pastor Panzo gespendet. Die Kantorei Gnadenkirche unter der Leitung von Frau Gabriele Huber gestaltete den Gottesdienst auf bekannt hohem Niveau musikalisch mit. Am Sonntag predigte in Wiesentheid der Vorsitzende der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis (KSBB) und Afrika-Beauftragte der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaft (IKBG), Prädikant Andreas Späth, zum ersten Gebot: „Wer ist unser Gott? Woran hängen wir unser Herz, was ist uns im tiefsten wichtig? Jesus mahnt uns: Wir können nicht zwei Herren dienen. Unser Dienst, unser Gottesdienst muss unteilbar sein. Bei allem muss uns klar sein, dass Gott uns nicht deshalb berufen hat, um uns zu teilen.“ Im dritten Gottesdienst verkündete der Beauftragte der NALC für die weltweite Ökumene, Pastor Dr. David Wendel, das Wort Gottes. Er erläuterte die Forderungen Jesu in der Bergpredigt: „Christen, die ein- für allemal durch Jesus gerettet sind, müssen ein christusgleiches Leben führen; das Leben eines Jüngers Jesu muss anders sein“. So stelle gerade eine Zeit, in der Terror, Gewalt und Christenverfolgung weit verbreitet seien, die Jünger Jesu auf die Probe, wie ernst es ihnen mit diesem neuen, anderen Leben sei.
Die drei internationalen Gottesdienste gehören zu den Früchten des Globalen Lutherischen Forums (GLF), das im August 2015 in Dallas, Texas auf Initiative der NALC, ihres Altbischofs Paull Spring und ihres leitenden Bischofs, John Bradosky, gegründet wurde. Im GLF arbeiten bekennende lutherische Kirchen und Erneuerungsbewegungen aus Afrika, Amerika und Europa intensiv zusammen. Andreas Späth und der Pfarrer der Gemeinden Rüdenhausen und Wiesentheid, Martin Fromm, gehören dem Forum als deutsche Vertreter an. Pfarrer Fromm dankte Pastor Panzo und Pastor Dr. Wendel für ihren Dienst, ihre Verbundenheit im Glauben und die herzliche persönliche Freundschaft, die inzwischen gewachsen ist. Die Sprachbarriere in den drei Abendmahlsgottesdiensten wurde sicher überwunden – alle Gottesdienstbesucher hatten die vollständige Liturgie in Deutsch und Englisch vorliegen, die Lieder waren so gewählt, dass jeder sie in seiner Sprache singen konnte, die Predigten dolmetschten Frau Elke Wagner und Pfarrer Fromm. Die deutschen Gottesdienstteilnehmer, die genau hinhörten, merkten überrascht, dass sich die Lutheraner in Afrika und Amerika im Credo zur „heiligen katholischen Kirche“ bekennen – nicht, wie bei uns üblich, zur „heiligen christlichen Kirche“. Damit ist allerdings nicht die römisch-katholische Kirche gemeint, sondern die welt- und zeitumspannende Gemeinde Jesu Christi, die mit keiner der vorfindlichen Konfessionskirchen identisch ist, sondern alle wahrhaft Gläubigen umfasst. Dass diese weltweite, heilige, christliche Kirche keine abstrakte Idee ist, sondern lebendige Wirklichkeit, konnten die versammelten Gemeinden in diesen besonderen Gottesdiensten erfahren.
Text: Martin Fromm