Bischof Hans-Jörg Voigt zeigte in seiner großartigen Predigt am 15. Juli 2017 in der Gnadenkirche Wiesentheid die enge Verbindung von Reformation und Kirchenmusik auf. Das Mittelalter kannte keinen Gemeindegesang – aber mit dem Durchbruch der Reformation kamen sofort deutsche Gemeindelieder in Gebrauch, die begeistert aufgenommen wurden. Oft genug war die Reformation sogar eine Frucht der singenden Gemeinde – durch die Choräle wurden sie für das Evangelium gewonnen und trugen mit ihrem Gesang die Botschaft weiter. So brachten Bürger von Lemgo aus dem nahen Herford, wo der Gottesdienst bereits in evangelischer Form gefeiert wurde, lutherische Choräle mit in ihre Heimatstadt. Sie sangen dort diese Lieder vor und nach der katholischen Messe. Lemgos Bürgermeister Flörke war ein Gegner der Reformation. Er schickte den Ratsdiener aus, der herausfinden sollte, wer die rebellischen Sänger seien. Der Ratsdiener kam er mit der Nachricht zurück: „Herr Bürgermeister, sie singen alle!“ Daraufhin trat der erschütterte Bürgermeister von seinem Amt zurück: „Ei, alles verloren!“ – denn dass „alle“ sangen, zeigte für ihn: Die Reformation hatte bei den Bürgern schon gesiegt. Der Grund für das evangelische Singen – so Bischof Voigt – ist die Dankbarkeit für die Erlösung durch Jesus Christus. Nicht nur in der Reformationszeit, sondern auch heute hat das Singen eine einzigartige Bedeutung für den lutherischen Gottesdienst – auch für den am 15. Juli in Wiesentheid. Die musikalische Gestaltung übernahm die Kantorei Gnadenkirche unter Leitung von Frau Gabriele Huber – auf dem hohen Niveau, für das sie über die Dekanatsgrenzen hinaus bekannt ist.
Foto: Ursula Reisinger
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