Du bist ein Gott, der mich sieht.

Die Jahreslosung für 2023 war vor 6 Jahren das Motto des evangelischen Kirchentages – allerdings in einer etwas vereinfachten Form und einem etwas seltsamen Design:
In der Bibel werden diese Worte von Hagar gesprochen, der ägyptischen Magd Saras. Sara, die Frau Abrahams, war über lange Zeit kinderlos – und sie litt schwer darunter. In ihrer Verzweiflung bestimmte sie ihre Magd Hagar dazu, an ihrer Stelle ihrem Mann  Nachkommen zu schenken. Dabei hatte schwebte Sara eine Art „Leihmutterschaft“ vor. Aber ihre zynische Rechnung ging nicht auf: Hagar fühlte sich nicht als „Leihmutter“ für ihre Herrin, sondern als Mutter durch und durch. Schon in der Schwangerschaft trat sie ihrer Herrin mit deutlich gesteigertem Selbstbewusstsein entgegen: Ihr Sohn würde einmal der Erbe ihres Herrn sein – und sie war die Mutter des künftigen Erben. Das 1. Buch Mose beschönigt nichts. Nichts Saras Erbitterung über das, was sie als schwere Kränkung, ja, Demütigung erfuhr – und nicht ihre schockierende Kaltherzigkeit im Umgang mit ihrer schwangeren Magd. Auch nicht die Schwäche Abrahams, der sich weder für sein ungeborenes Kind, noch für dessen Mutter stark machte. Schließlich hielt Hagar es nicht mehr aus und floh. Da erschien ihr der Engel des Herrn, stärkte sie in ihrer Verzweiflung und gab ihr eine Verheißung für ihren Sohn und forderte sie auf, heimzugehen und sich Sara zu fügen. Da sprach Hagar zum Herrn: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ – und im Vertrauen auf ihn kehrte sie um.

Schwestern und Brüder,

Gott sieht uns an. Er sieht uns an, in unseren strahlenden Momenten, er sieht uns an in unserer Not. Nicht mit dem starren und etwas beängstigenden Glupschaugen des Kirchentagssmileys, sondern mit den durch und durch menschlichen Augen Jesu. Sein Blick gilt uns – er schaut nicht über uns hinweg, er schaut uns auf Augenhöhe an. Dafür ist er Mensch geworden. Und sein Blick ist voller Liebe zu uns. Manchmal voller Mitleid zu uns, weil er unsere Not sieht. Und manchmal auch voller Schmerz über uns, weil wir uns so weit von ihm entfernen. Aber wendet sich nicht von uns ab. Er hält weiter sehnsüchtig nach uns Ausschau, wie der Vater nach dem verlorenen Sohn Ausschau hält.

Sollen wollen wir in das Jahr 2023 gehen, von dem wir nicht überblicken, was es uns bringen wird – im Vertrauen auf Gott, der uns sieht und der uns nicht alleine lässt.
Möge sein liebender Blick stets auf DIR ruhen und sein Segen DICH begleiten:

Der Herr segne Dich und behüte Dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf Dich und gebe Dir Frieden.

Ihr / Dein Martin Fromm, Pfarrer

Gedanken zur Jahreslosung 2023 von Pfarrer Martin Fromm

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